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Wer mich kennt, der weiss, wie gerne ich Menschen um mich rum habe. Ich bin gerne mitten unter ihnen, bewege mich vom einen zum anderen. Spreche mit allen, über alles. Meine grosse Liebe ist es, zu kommunizieren. Das ist ein Teil meiner Persönlichkeit, etwas, was mich zu dem Menschen macht, der ich bin.

Und nun?

Seit mehreren Wochen arbeite ich nun Zuhause, zuerst nur im und knapp ums Haus rum. Herr Berset hat gesagt, wir sollen zuhause bleiben, also blieben wir Zuhause. Es dauerte Wochen, bis dann es dann hiess, dass wir uns wieder ein wenig weiter vom Haus entfernen können. Mit der nötigen Vorsicht, mit der nötigen Distanz.

Wir haben das grosse Glück, dass wir auf dem Land wohnen. Direkt vor unserem Haus geht der Weg durch den Wald. In gut 30 Minuten hat man eine Runde von ca. 3 km gelaufen – und das fast ohne, dass man jemandem begegnet. Nach Wochen auf dem gleichen Weg kennt man die Leute, man grüsst sich, spricht ein paar Worte und geht weiter. So richtig Landleben halt. Gerade jetzt können wir den Vorteil des Wohnorts gut nutzen und geniessen.

Ausflug in die Stadt, ins Büro

Es ging lange, bis ich dann wieder einmal ins Büro zur Arbeit gegangen bin. Es war ein komisches Gefühl. Lange Gänge, es hallte in den einzelnen, leeren Büros. Nur ein Büro, das ganz zuhinterst, war besetzt. Zwei/drei Kollegen wechseln sich ab mit dem Bürohüten. Sonst sind alle Büros verlassen. Die Stimmung war ein wenig wie in einem schlechten Film. Sonst sind wir gegen 12 Personen in dieser Büroflucht. Am Abend  ging ich wieder zurück und blieb dann im Homeoffice.

Erster Besuch nach der Lockerung

Zwei Freundinnen haben uns zu einem Abendessen eingeladen. Wir haben vereinbart, dass es auf allen Seiten akzeptiert würde, wenn jemand im letzten Moment absagt. Hätte einer von uns gehustet oder sich nicht wohlgefühlt, wir hätten uns nicht gewagt, jemanden zu besuchen. Wir waren glücklicherweise alle gesund, so kam es dann zu dem langersehnten Treffen.

Mein Partner lud mich im Triemli aus, ich wollte von da aus in die City laufen, damit ich noch ein wenig Bewegung habe. Quer durch die Stadt, durch den Friedhof Sihlfeld (der grösse Friedhof und gleichzeitig die grösste Parkanlage der Stadt Zürich), über die Hardbrücke, durch die Bögen, an der Josefswiese vorbei zum Röntgenplatz.

Die Menschen

Es war ein schöner Weg, aber etwas ging mir ziemlich auf die Nerven. Die Menschen wurden nach dem Lockout angehalten, Distanz zu bewahren. Mindestens 2 m. Je mehr desto besser. Bei meinem täglichen Spaziergang bei uns gehen wir jeweils auf die Seite, wenn wir anderen Leuten begegnen.

Dieser Weg zu unseren Freundinnen war dann für mich eher ein Spiessrutenlaufen. Gewöhnt, Distanz zu wahren, war ich überfordert, da in der Stadt die wenigsten Leute auf die Seite gehen. Jogger überholen so, dass man fast den Atem im Nacken spürt. Die Leute gehen nebeneinander, man kann beinahe nicht an ihnen vorbeigehen, ohne sie zu berühren. Die Josefswiese war voll Menschen, das Social Distancing ist so eigentlich nicht möglich. Es hat mich beängstigt.

Kontaktscheu?

Ich habe gemerkt, dass ich wieder lernen muss, mich unter und mit Menschen zu bewegen. Mich würde nicht wundern, wenn es Menschen gibt, die Unterstützung brauchen um wieder Vertrauen in die anderen Menschen zu gewinnen. Ich muss mich auch ganz langsam mich wieder daran gewöhnen, der ‚alte‘ zu werden. Meine Kontaktscheu, mein Abstand zu Menschen wieder zu verringern und mit der Situation meinen Frieden zu schliessen.

Man merkt, wie schwierig das sein kann! Überraschend wie schnell es ging, bis ich mich vom Kommunikator zum Einzelgänger gewandelt habe. Ich möchte wieder zurück aber ich habe gemerkt, dass das seine Zeit benötigt.