Von Charles-Edouard Jeanneret alias Le Corbusier haben wir auch schon gelesen. Geboren 1887 in La Chaux-de-Fonds, gestorben 1965 in Roquebrune-Cap-Martin in Frankreich. Er starb mit 77 Jahren an einem Herzschlag beim Baden unterhalb seines Ferienhauses Le Cabanon und des Hauses E1027 von Eileen Grey.
Le Corbusier
Corbusier war einer der einflussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Seine Ideen waren teilweise umstritten, lösten grössere Diskussionen aus. Lange Zeit arbeitete und wirkte Le Corbusier in Paris. Die von ihm mitgetragene Union des artistes modernes bestand aus ihm selber, Pierre Jeanneret (seinem Vetter) und der Architektin/Designerin Charlotte Perriand. Diese drei waren es dann übrigens auch, die die bekannten Möbel unter dem Label von Le Corbusier mit der Bezeichnung LC1 bis LC7 kreierten, welche heute noch erfolgreich verkauft werden.
Im September 1930 wurde Le Corbusier französischer Staatsbürger. Als 2002 eine Auswahl seiner Briefe an die Mutter veröffentlich wurden, wurden seine Sympathien für Hitler bekannt. Dadurch wurde die Sicht auf seine wunderbaren Möbel und Bauwerke leider ein wenig getrübt.
Chandigarh
Auf Empfehlung eines seiner Bekannten wurde LC vom indischen Bundesstaat Punjab im 1951 für die Planung der neuen Hauptstadt, Chandigarh, berufen. In diesem Auftrag konnte er seine städtebaulichen Ideen und Vorstellungen zum ersten mal in die Realität umsetzen. Nicht alle geplanten Gebäude wurden gebaut. Nachdem er die Raumplanung fertiggestellt hat, entwarf er einige Regierungsgebäude wie der Justizpalast, das Sekretariat und das Parlamentsgebäude. Am Parlamentsgebäude sieht man übrigens den wunderbaren Schwung im Dach, welchem man bei seinen Bauten immer wieder begegnet.
Während der Umsetzung in Chandigarh wurde in Marseille die erste „Unité d’habitation“ (Wohnmaschine) gebaut. Bauten im ähnlichen Konzept baute er noch an 3 weiteren Orten.
Die Sakralbauten
In der Nähe von Belfort, im Ort Ronchamps, baute er die Kapelle Notre-Dame-du-Haut. Ein wunderbarer Bau, harmonisch und elegant. Auch in diesem Bau findet man den Schwung im Dach. Dieses Gebäude ist eine Ikone der Architektur! Seit 2016 gehört die Kapelle mit 17 weiteren Bauten von LC zum UNESCO Welterbe.
Die Stadt Ronchamp liegt auf 353 Metern über Meer am Fuß der Vogesen im Osten des Départements Haute-Saône in der Franche-Comté. Die Kapelle Notre Dame du Haut, zu der eine steile Straße hinaufführt, befindet sich auf 472 Meter über Meer. Die Anhöhe besteht aus einer größtenteils von einem Gras- und Pflanzenteppich bewachsenen Lichtung, die sich in alle vier Himmelsrichtungen öffnet. Die Kapelle ist weithin sichtbar und ihr Standort ermöglicht einen weiten Panoramablick auf die umliegende Landschaft.
Schon in der Keltenzeit war der Hügel bei Ronchamp ein spezieller Ort. Vermutlich diente er als Kultstätte. Urkundlich ist seit dem Ende des 11. Jahrhunderts gesichert, dass da eine Kirche stand.
Vor 1857 wurde die Kirche, ein achteckiges Gebäude, neu erstellt. 4 Türme flankierten das Kirchenschiff. Im 1873 wurde eine Wallfahrt zu der Kapelle durchgeführt, an welcher gemäss Schätzungen über 25’000 Pilger teilgenommen haben. Eines der (misslungenen) Ziele dieser Wallfahrt war die Wiedereinführung der Monarchie.
1913 brannte die Wallfahrtskirche infolge eines Blitzschlages aus und wurde bis 1926 durch einen Neubau im neugotischen Stil ersetzt. Durch einen Artillerieangriff im Zweiten Weltkrieg wurde dann die Kirche auf dem strategisch gut gelegenen Hügel erneut zerstört. (Übrigens fielen gegen 2’000 Sakralbauten dem Krieg zum Opfer).
Notre-Dame-du-Ronchamps
Einen ersten Entwurf zeichnete Corbusier nach einem Besuch vor Ort im Juni 1950. Das erste Modell stellte er im Dezember 1951 vor. Seine Recherchen und Gedanken zu diesem Projekt sind überliefert und dokumentieren, dass seine anfängliche Ablehnung in Begeisterung umschlug.
Besonders die wunderbare Lage der Kirche und dass „man sie so schön von weitem sah“ war für ihn wichtig. Bis zu diesem Zeitpunkt führte jedoch keine Strasse auf den Hügel, was den Bau ziemlich erschwerte. Le Corbusier entschied, Beton als Baumaterial zu nehmen.
Nach dem Abbruch der Überresten der alten Kapelle, wurde nach zweijähriger Bauzeit die Kirche im 1955 ihrer Bestimmung übergeben. Ein grosser Höhepunkt (und bildlich im Museum dokumentiert) ist die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 14. Oktober 1962. Dabei gab es eine große Wallfahrtsmesse zur Notre Dame du Haut. An dieser bedeutendsten Wallfahrt zu der Kapelle nahmen rund 250.000 Pilger teil.
Im 2009 erweiterte dann Renzo Piano das Gelände um verschiedene Erweiterungsbauen. Es gibt ein Besucherzentrum und ein Klarissenkloster. Die Fondation Le Corbusier kritisierte, dass die Bauten zu nahe an das Gebäude kämen Trotzdem wurden diese Neubauten im 2009 durch den Staat bewilligt.
Heute gibt es im Jahr gegen 80’000 Besucher und ein Kloster mit 12 Zellen für 7 Ordensschwestern. Die im 2011 eingeweihten Bauten wurden in den Hügel gebaut, so dass man sie von der Kirche aus gar nicht sehen kann.
Ich kann den Weg von Basel nach Ronchamp nur empfehlen! Diese Kirche ist ein wunderschönes Bauwerk, in jeder Jahreszeit.
Sainte-Marie de la Tourette
Ganz im Gegensatz zu der Eleganz der Notre-Dame-du-Haut baute LC in Eveux bei Lyon ein Kloster für den Dominikaner-Orden. Gemäss Wikipedia eines der zentralsten Bauten des Brutalismus, welcher sich zu grossen Teilen dem Beton und Sichtbeton verschrieb. Dieses Gebäude, auch UNESCO Welterbe, ist aus meiner Sicht nicht unbedingt schön. Aber es spiegelt eine Zeit der Betonbauten wieder. Heute wird das Haus als Bildungszentrum genutzt.